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3. Die Philosophie von Alcoholics Anonymous


Alcoholics Anonymous ist nicht nur eine Selbsthilfegruppe oder eine Therapie gegen Alkoholprobleme. Wie im folgenden noch zu sehen sein wird, bietet A.A. seinen Mitgliedern ein Weltbild, das fast alle Lebensbereiche umfaßt. Den Lehren von Alcoholics Anonymous oder anderen ähnlich aufgebauten Gruppen wird in der Forschung gewöhnlich wenig Beachtung geschenkt, da sie meist seicht und unzusammenhängend wirken; nichtsdestotrotz sind sie für die Funktion dieser Gruppen wichtig[ vgl. Antze 1976, SS 324 f]. Deshalb, und nicht zuletzt auch wegen des Einflusses, den die Lehren von Alcoholics Anonymous auch außerhalb der Organisation entfaltet haben, sollen die Kernelemente dieser Ideologie nachstehend kurz dargestellt werden[ daß sich dabei kein klares und logisch strukturiertes Gesamtbild ergibt ist angesichts der Widersprüchlichkeit vieler Einzelelemente des Glaubenssystems von A.A. unvermeidlich].

3.1. A.A.'s Konzept von Alkoholismus

Einer der Grundpfeiler des Weltbildes von Alcoholics Anonymous ist deren Modell des Alkoholismus und das zugehörige Modell der Persönlichkeit des Alkoholikers.

3.1.1 Die Krankheit Alkoholismus

Alkoholismus wird als Krankheit gesehen, die gekennzeichnet ist durch "physischen Zwang" zu trinken, verbunden mit "geistiger Besessenheit" von Alkohol[ Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1984, S 6]; der Trinker ist also völlig hilflos und unfähig, dem Verlangen nach Alkohol zu widerstehen. Als Grund der Krankheit wird eine physiologische Anomalie der betroffenen Personen angenommen, insbesondere, in Anlehnung an die Theorien des Dr. Silkworth, eine "Allergie" gegenüber Alkohol[wie zentral das Krankheitsmodell für das Programm von A.A. ist (und wie wichtig der "medizinische Segen") läßt sich auch daran ablesen, daß dem "Big Book" in Form des Kapitels "The Doctor's Opinion" eine von Silkworth persönlich verfaßte Darstellung des Allergiekonzeptes vorangestellt ist; vgl. Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1989, SS xxiv ff].

Die Krankheit kann ein Individuum entweder haben oder nicht haben; man kann nicht "ein bißchen Alkoholiker" sein[ vgl. Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1952, S 6]. Kriterium für die Diagnose ist jedoch nicht notwendigerweise die Häufigkeit oder Menge des Alkoholkonsums. Deshalb wird auch unterschieden zwischen dem "wahren Alkoholiker" und "einem gewissen Typ von schwerem Trinker"[ Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1989, SS 20 f].

Die Krankheit Alkoholismus ist progressiv, das heißt, sie wird unaufhaltbar und unumkehrbar immer schlimmer[ ib., S 30]. Sie ist unheilbar; ein Alkoholiker bleibt immer ein Alkoholiker, und die Progression der Krankheit schreitet selbst in lange andauernden Zeiten der Nüchternheit fort[ ib., S 33]. Und sie ist tödlich; sie führt unweigerlich in die Gosse, in Krankenhäuser, Gefängnisse oder andere Institutionen oder in ein frühes Grab[ vgl. Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1984, S 8].

3.1.2 Die Persönlichkeit des Alkoholikers

Mit A.A.'s Modell des Alkoholismus einher geht ein Satz von Persönlichkeitsmerkmalen bzw. Charakterdefekten, die als charakteristisch für Alkoholiker betrachtet werden und diese von ihrer Kindheit an von anderen Menschen unterscheiden. Den Kern dieser "alkoholischen Persönlichkeit" stellen Selbstzentriertheit und Selbstsucht dar[ vgl. Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1989, S 62]. Diese Selbstzentriertheit ist begleitet von Stolz, Eitelkeit, Unaufrichtigkeit, Selbstmitleid und Trotz. Weiterhin werden Ängstlichkeit, Frustration, Impulsivität, Feindseligkeit, emotionale Überreaktionen, das Leugnen der Alkoholabhängigkeit, die Tendenz, Gefühle, Verhaltensweisen und Konsequenzen äußeren Quellen zuzuschreiben sowie die Neigung dazu, andere Menschen zu manipulieren als "Teil der Krankheit" betrachtet[ vgl. Alford 1980, S 361]. Darüber hinaus ist der Alkoholiker jedoch nicht nur physisch (Allergie) und psychisch (Charakterdefekte), sondern, viel schlimmer noch, spirituell krank und dadurch von Gott abgeschnitten[ ib., S 64].

Trotz dieser Anhäufung von Charakterdefekten, die Alkoholikern zugeschrieben werden ist das Gesamtbild des Alkoholikers in der Ideologie von Alcoholics Anonymous jedoch äußerst widersprüchlich. So werden dieselben als typisch für Alkoholiker angesehenen Persönlichkeitsmerkmale an anderer Stelle auch als Grundübel der Menschheit schlechthin, von denen praktisch alle Menschen befallen sind, aufgeführt[ vgl. z.B. Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1989, S 116]. Darüber hinaus enthält das Bild des Alkoholikers nicht nur negative Merkmale (Krankheit, Charakterdefekte etc.), sondern durchaus auch Elemente des "Auserwähltseins". Am deutlichsten kommt dies bei Marty Mann zum Ausdruck:

Es wurde immer und immer wieder bemerkt, daß Alkoholismus überdurchschnittlich oft das "verheißungsvollste" Mitglied einer Familie, einer Schulklasse oder eines Geschäfts trifft. ... der Alkoholiker scheint sehr oft ein bißchen wachsamer, ein bißchen besser bei seiner Arbeit, ein bißchen intelligenter als andere auf einer bestimmten sozialen, ökonomischen oder Arbeitsebene. Das könnte das Ergebnis einer ungewöhnlichen Sensitivität sein, die auch von Studierenden und Forschern oft bemerkt wurde, einer Sensitivität ähnlich der, die kreativen Menschen zugeschrieben wird.[ zit. n. Pattison/Sobell 1977, S 17; strenggenommen schrieb M. Mann dies natürlich nicht in ihrer Eigenschaft als A.A.-Mitglied, sondern als Privatperson. Ähnliche Ansichten sind jedoch in A.A. weit verbreitet.]

3.2. A.A.'s Programm der Genesung

Der Kern des von Alcoholics Anonymous vorgeschlagenen Weges zur Genesung ist in den 12 Schritten festgelegt[ für eine Zusammenstellung der 12 Schritte siehe Anhang Fehler! Textmarke nicht definiert. auf Seite Fehler! Textmarke nicht definiert.]. Daß es in diesem Programm nicht ausschließlich um die Heilung vom Alkoholismus, sondern um eine sehr viel weitergehende Persönlichkeitsreform geht läßt schon ein oberflächlicher Blick erkennen: Von Alkohol ist nur ein einziges Mal die Rede, während sich sechs der Schritte auf Gott beziehen.

Grundvoraussetzung um für den Weg zur Genesung in Alcoholics Anonymous bereit zu sein ist, daß der Alkoholiker an seinem persönlichen Tiefpunkt angekommen ist, sich seiner Situation gegenüber völlig hilflos fühlt und kapituliert. Die zentrale Bedeutung dieses Erlebnisses betont Wilson in einer Weihnachtsbotschaft:

[Die Männer und Frauen von A.A. können niemals] vergessen, daß sie nur durch Leiden genug Demut fanden um die Tore der Neuen Welt zu durchschreiten. Wie privilegiert sind wir, das göttliche Paradoxon so gut zu verstehen, daß Stärke aus der Schwäche emporkommt, daß Demütigung der Rettung vorausgeht: daß Schmerz nicht nur der Preis, sondern der Prüfstein der spirituellen Wiedergeburt ist.[ zit. n. Kurtz 1987, S 61]
Alkoholismus ist eine unheilbare, progressive und tödliche Krankheit. Der Alkoholiker kann sich selbst nicht helfen, noch kann irgendein anderes menschliches Wesen etwas gegen die Krankheit tun. Nur eine "Höhere Macht" kann die Rettung bringen. Das ist die Erkenntnis, die der zweite Schritt verlangt. An dieser Stelle ist noch vage von einer "Höheren Macht" die Rede, und es wird eindringlich betont, daß diese nicht "Gott" genannt zu werden brauche, sonder selbst gewählt werden könne; sie könne z.B. auch Alcoholics Anonymous selbst sein[ vgl. Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1953, S 27]. Auch im "Big Book" ist ein ganzes Kapitel dem Versuch gewidmet, Agnostiker zu überzeugen, daß das Programm von A.A. auch für sie geeignet sei.

Der nächsten Schritt jedoch verlangt, Willen und Leben Gott zu unterwerfen. Dies dürfte den Agnostikern mit einer beliebigen "Höheren Macht" schon schwerer fallen. In den weiteren Schritten nimmt der "Gott, wie wir ihn verstanden", immer deutlicher Formen an, die sehr eindeutig an den Gott christlicher Theologie erinnern. Atheisten und Agnostiker sollen nicht gleich abgeschreckt werden; deshalb die Beteuerungen, man könne sich seine "Höhere Macht" selbst wählen. Außerdem vertraut man darauf, daß der Glaube an eine höhere Macht von alleine kommt, wenn der Betreffende nur seinen Widerstand aufgibt und den Rest des A.A.-Programms so enthusiastisch wie möglich praktiziert[ ib.]. Im Laufe der Mitgliedschaft in A.A. soll dieses Konzept einer Höheren Macht dann "reifer" werden[ ib., S 14].

In den Schritten 4-10 soll der Alkoholiker mit Gottes Hilfe von allen moralischen Mängeln gereinigt werden. Dazu erforscht er sich selbst, bekennt seine Fehler und bittet Gott demütig, diese zu beseitigen; dies soll auf Dauer fortgesetzt werden. Letztendlich zielen die 12 Schritte nicht einfach auf die Lösung von Alkoholproblemen ab, sondern beinhalten mehr das Streben nach moralischer Vervollkommnung.

Kernelemente der moralischen Erneuerung in A.A. sind Demut und Gottvertrauen. Diese hängen eng zusammen. Essenz jedes einzelnen der Schritte ist, durch Demütigung zu mehr Demut zu kommen[ ib., S 70]. Diese Demut wiederum soll eine veränderte Haltung gegenüber Gott bewirken[ ib., S 75].

Im 11. Schritt soll durch Gebet und Meditation der bewußte Kontakt mit Gott weiter verbessert werden. Gebet und Meditation sollen zu Lebensnotwendigkeiten werden:

Wenn wir Luft, Licht oder Nahrung zurückweisen, dann leidet der Körper. Und wenn wir uns von Gebet und Meditation abwenden, dann entziehen wir auf die gleiche Weise unserem Verstand, unseren Gefühle und unserer Intuition lebenswichtige Unterstützung. (...) Wir alle brauchen das Licht von Gottes Realität, die Nahrung Seiner Stärke[ ib., S 97]
Dies soll jedoch nicht mit eigennützigen Absichten geschehen; ganz im Sinne der christlichen Theologie wird lediglich um die Erkenntnis des göttlichen Willens und die Kraft, diesen auszuführen gebeten. Nicht nur in Bezug auf Alkohol, sondern in jeder Hinsicht, soll der Alkoholiker einsehen, daß seine Versuche, sein Leben selbst zu kontrollieren, zum Scheitern verurteilt sind[ vgl. Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1989, S 63].

Resultat der 12 Schritte ist ein "spirituelles Erwachen". Dies wird beschrieben als "ein neuer Zustand des Bewußtseins und des Daseins", gekennzeichnet durch den Besitz von Ehrlichkeit, Toleranz, Selbstlosigkeit, innerem Frieden und Liebe in einem Maße, das davor für undenkbar gehalten worden war[ Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1953, S 107]. Die spirituellen Prinzipien von Alcoholics Anonymous werden zum neuen Lebensinhalt, der alle Bereiche des Lebens durchdringt. Darüber hinaus ist nun auch das Gottesverständnis herangereift:

Wir konnten vorhersagen, daß der Zweifler, der immer noch behauptete, er hätte die "spirituelle Seite nicht geschafft" und der immer noch seine geliebte A.A.-Gruppe als seine höhere Macht ansah, inzwischen Gott lieben und beim Namen nennen würde[ ib., S 109].
Eine Folge dieses Läuterungsprozesses ist auch, daß ohne eigenes Zutun das Verlangen nach Alkohol verschwunden ist. Solange dieser Zustand spiritueller Erleuchtung anhält, ist Alkohol kein Problem mehr:

Wir werden sehen, daß unsere neue Haltung gegenüber dem Schnaps uns ohne irgendeinen Gedanken oder irgendeine Bemühung unsererseits gegeben wurde. Es kommt einfach! Das ist das Wunder dabei. Wir bekämpfen es nicht, noch vermeiden wir Versuchungen. (...) Das ist, wie wir reagieren, solange wir uns in guter spiritueller Verfassung halten.[ Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1989, S 85]
Die Nüchternheit ist jedoch kein stabiler Zustand; die Bedrohung durch den Alkoholismus bleibt bestehen. Die Mitgliedschaft in A.A. ist als Bindung auf Dauer angelegt und auch das Durcharbeiten der 12 Schritte ist ein Prozeß, der nie abgeschlossen ist, sondern permanenter Übung bedarf. Letztendlich ist der Alkoholiker nur durch die Gnade Gottes nüchtern, und sobald er spirituell nachlässig wird, droht Rückfall:

Wir sind nicht vom Alkoholismus geheilt. Was wir wirklich haben ist eine tägliche Gnadenfrist, die von der Aufrechterhaltung unserer spirituellen Verfassung abhängig ist. Jeder Tag ist ein Tag, an dem wir die Vision von Gottes Willen in all unsere Aktivitäten tragen müssen.[ ib.]
Doch alleine von der Gnade Gottes will auch Alcoholics Anonymous die Nüchternheit nicht abhängig machen. Deshalb werden in der Literatur und in vielen Slogans Ratschläge gegeben, was zu tun oder zu lassen sei, um die Abstinenz aufrechtzuerhalten. Großteils beziehen sich diese zwar ebenfalls mehr auf die Aufrechterhaltung der spirituellen Gesundheit, doch finden sich daneben auch Empfehlungen, die eher von lerntheoretischen Einsichten geprägt sind. So wird beispielsweise vorgeschlagen, sich mit anderen Aktivitäten beschäftigt zu halten um das Verlangen nach Alkohol möglichst gar nicht aufkommen zu lassen[ vgl. Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1975, SS 13 ff].

Der Begriff Nüchternheit hat in A.A. eine Bedeutung erhalten, die weit über die bloße Abstinenz von Alkohol hinausgeht und einen geradezu religiösen Beigeschmack hat. Ein häufiges Gesprächsthema in A.A. ist die "Qualität" der Nüchternheit irgendeines anderen Mitgliedes[ vgl. Cain 1967, S 85]. "Echte" Nüchternheit heißt nicht nur, keinen Alkohol zu sich nehmen, sondern ebenso, regelmäßig A.A.-Treffen zu besuchen, die Schritte durchzuarbeiten und ein Leben nach spirituellen Gesichtspunkten zu führen. Alles andere wird nur als "Trockenheit" angesehen, die über kurz oder lang wieder in den Rückfall führt[ vgl. Kurtz 1987, S 123]. Jeder , der außerhalb von A.A. versucht, abstinent zu bleiben ist zum Scheitern und, letztendlich, zum Tode verurteilt:

Hin und wieder sagt ein ernsthafter Trinker, der im Moment trocken ist "Ich vermisse es überhaupt nicht. Fühle mich besser. Arbeite besser. Es geht mir besser." (...) Er betrügt sich selber. In seinem tiefsten Inneren würde er alles geben, um ein halbes Dutzend Drinks zu nehmen und damit davonzukommen. Er wird sofort das alte Spiel von neuem versuchen, denn er ist nicht glücklich über seine Nüchternheit. Er kann sich kein Leben ohne Alkohol ausmalen. Eines Tages wird er unfähig sein sich überhaupt ein Leben, mit oder ohne Alkohol, vorzustellen. Dann wird er Einsamkeit kennen wie nur wenige andere. Er wird an der Endstation sein. Er wird sich nach dem Ende sehnen.[ vgl. Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1989, S 152; noch an einer Reihe von anderen Stellen wird betont, daß zwar das Programm von A.A. nur Vorschläge beinhalte, aber gleichzeitig angedeutet, daß Abweichung unweigerlich in Verderbern und Tod führe; in Bezug auf die Konformität der Gruppe zu den 12 Traditionen heißt es z.B.: "Kein persönliches Opfer ist zu groß, um die Gemeinschaft [A.A.] zu erhalten (...) Es ist offensichtlich: die Gruppe muß überleben oder das Individuum wird es nicht" (Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1953, S 130), in Bezug auf das Individuum "Wenn ein A.A.-Mitglied nicht so gut es kann unseren vorgeschlagenen 12 Schritten zur Genesung folgt, unterzeichnet es fast mit Sicherheit seinen Totenschein. Seine Trunkenheit und Vernichtung sind nicht von den Mächtigen auferlegte Strafen; sie resultieren von seinem persönlichen Ungehorsam gegenüber spirituellen Prinzipien." (ib., S 174)]
Eine wichtige Rolle im Programm von Alcoholics Anonymous spielt auch das "12-stepping", das Weitertragen der Nachricht an die noch leidenden Alkoholiker. Dies soll in erster Linie nicht dem möglichen Aspiranten helfen, sondern dem missionierenden A.A.-Mitglied selbst[ vgl. Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1989, S 94]. "Du kannst es nicht behalten, außer wenn du es weggibst", wie ein weitverbreiteter Slogan in A.A. sagt. Dazu finden sich im "Big Book" detaillierte Empfehlungen, wie bei der Bekehrung anderer Alkoholiker zu verfahren ist[ ib., SS 89 ff].

Das spirituelle Programm der Genesung wird jedoch nicht als strikt auf Alkoholiker beschränkt betrachtet. So wird ausdrücklich darauf hingewiesen, wie hilfreich es sowohl für den Alkoholiker als auch für dessen Ehegattin wäre wenn diese ihr Leben ebenfalls nach dem 12-Schritte-Programm ausrichten würde:

Wenn Gott das Epochen alte Rätsel des Alkoholismus lösen kann, dann kann er auch deine Probleme lösen. Wir Ehefrauen fanden, daß auch wir, wie auch sonst jeder, von Stolz, Selbstmitleid, Eitelkeit und all den Dingen, die eine selbstzentrierte Person ausmachen befallen waren; und wir waren nicht über Selbstsucht und Unehrlichkeit erhaben. Als unsere Gatten begannen, in ihrem Leben spirituelle Prinzipien anzuwenden, begannen auch wir zu sehen wie wünschenswert es für uns wäre, das selbe zu tun.[ ib., S 116]
Damit ist im Programm von Alcoholics Anonymous auch der Keim enthalten für die sich in den letzten Jahren ausbreitende "Co-Abhängigkeits"-Bewegung, die die gesamte westliche Zivilisation für spirituell krank hält und 12-Schritt-Programme zur Heilung vorschlägt[ vgl. Schaef 1985].


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