Kommentar |
Gruppe 1
Seit Beginn der Professionalisierung von Fürsorge/ Sozialer Arbeit engagierten sich Frauen* im Bereich der „Gefährdetenfürsorge“ für Mädchen* und Frauen* auf unterschiedlichen Ebenen: als Fürsorgefunktionärinnen, als Sozialpolitikerinnen und als Fürsorgerinnen. Im Mittelpunkt schien der Wunsch zu stehen, diesen Frauen* und Mädchen* zu helfen, sie zu „retten“ – und das aus einer ganz unpolitischen Motivation heraus. Für die betroffenen Mädchen und Frauen konnte dieses fürsorgerische Handeln zu Stigmatisierung, Ausgrenzung und Verfolgung führen. In dem Seminar sollen diese Kontinuitäten exemplarisch am Beispiel von Fürsorgefunktionärinnen für die Zeit der Weimarer Republik bis in die Nachkriegszeit in den Blick genommen werden (im Nationalsozialismus konnte die fürsorgerische Praxis bis hin zur Ermordung der Betroffenen führen). Außerdem soll sich mit der Perspektive der Adressatinnen* auseinandergesetzt werden. Zudem soll der Frage nach gegangen werden, inwiefern ein Verständnis von Sozialer Arbeit als „unpolitisch“ (und „weiblich“) die Diskriminierung und Disziplinierung von Frauen* und Mädchen*, die nicht in das Bild der bürgerlichen Frau passten, Vorschub geleistet hat.
Literatur wird im Moodle Kurs zur Verfügung gestellt.
Das Seminar findet online und synchron statt.
Gruppe 2
Als „asozial“ stigmatisiert und verfolgt. Die NS-Verbrechen und der Umgang der Sozialen Arbeit mit ihrer Geschichte
Fürsorgerinnen und Fürsorger verfolgten im NS-Staat vielen Menschen, die sie als „asozial“ einstuften. Zusammen mit der Polizei, Justiz und NS-Organisationen wiesen sie Personen in Anstalten, Kliniken und (Konzentrations-)Lager ein, die nach dem eugenischen Denken als „minderwertig“ galten. Diese mörderische Verfolgung trieben „Volkspflegerinnen“ und „Volkspfleger“ voran. Wir werden uns mit den folgenden dazugehörigen Themen beschäftigen:
a) Warum und wie stellte sich die Fürsorge in den Dienst des Ziels einer „Volksgemeinschaft“? Es geht darum zu ergründen, wie die Hilfesysteme schnell zu wirkungsvollen Repressionsinstrumente wurden. Dabei soll es auch um die Rolle der einzelnen Fürsorger:innen gehen.
b) Wer waren die Opfer der sozialbiologistischen Verfolgung? Zum Beispiel sind die Schicksale derjenigen nahezu unbekannt, die in den Konzentrationslagern mit dem „schwarzen Winkel“ gekennzeichnet waren. Wir werden uns mit konkreten Biografien und der Rolle der Kategorie Geschlecht in ihrer Verfolgung befassen.
c) Warum wurden die Opfer lange nicht anerkannt und vergessen? Wie lässt sich dies heute ändern? Dazu werden wir zahlreiche erinnerungskulturelle und gedenkstättenpädagogische Fragen diskutieren. Es sind mehrere Exkursionen zu Orten geplant, an denen Verbrechen stattfanden und an denen der Opfer erinnert wird.
Gruppe 3
Zur Geschichte und Politik migrantischer Selbstorganisationen und antirassistischer Kämpfe
Wovon sprechen wir, wenn von Rassismus die Rede ist? Etwa von Migrantinnen und Migranten, Grenzen, rechtspopulistischen Politiken, von „Farben“, Apartheid, Kolonialismus oder gesellschaftlichen Vorurteilen? Und wie können wir Rassismus im Rahmen einer kritischen Gesellschaftsanalyse aus der Perspektive der Sozialen Arbeit denken, ohne bei seinen Phänomen stehen zu bleiben? Rassismus bezeichnet ein gesellschaftliches Verhältnis, das sich innerhalb von Macht- und Herrschaftsverhältnissen als ein Ensemble von Ideologien und Praxen historisch immer wieder neu durchsetzt. Somit ist Rassismus, wenngleich sich innerhalb der unterschiedlichen Rassismen widersprüchliche Traditionen, Mythen und Logiken befinden, immer gesellschaftlich zu verstehen: Rassismus gibt es nicht als abstraktes Ordnungsverhältnis, sondern Rassismus wird innerhalb der gesellschaftlichen Verhältnisse immer wieder neu reproduziert. Vor allem aber sind diejenigen, die von institutionellem, strukturellen und ideologischem Rassismus betroffen sind, nie stumm gewesen in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands. Sie haben als Arbeitsmigrant*innen, als migrantisierte und mehrfachdiskriminierte Frauen, als Jugendliche, die von rechter Gewalt betroffen waren, immer auch sich selbst organisiert und gegen die Verhältisse protestiert. Dieser Blick in die Bewegungsgeschichte der Migration zeigt uns, wo und wie Menschen von rassistischer Ausgrenzung, Ausbeutung, Entrechtung, Gewalt und Diskriminierung betroffen waren. Im 1. Teil des Seminars findet eine Einführung in die kritische Rassismusanalyse und in zentrale Konzepte der Rassismustheorie statt, um dann auf der Basis des konzeptuellen Wissens in einem 2. Teil. historische Fallbeispiele zu diskutieren und um auf konkrete historische Fallbeispiele der Migrationsforschung einzugehen.
Gruppe 5
Soziale Arbeit und Soziale Bewegungen
Die Geschichte der Sozialen Arbeit in Deutschland ist eng mit der Entstehung und Entwicklung Sozialer Bewegungen verbunden. Vor dem Hintergrund sozialer Wandlungen haben Frauen-, Arbeiter- und Jugendbewegung wie auch die Neuen Sozialen Bewegungen theorie- und praxisbezogen Anstöße gegeben und Einfluss genommen auf die Entstehung. Entwicklung und Profilierung der Profession der Sozialen Arbeit und die Herausbildung ihrer Institutionen, Handlungsfelder und Methoden. Im Rahmen des Seminars werden den Impulsen und Herausforderungen historischer wie aktueller Sozialer Bewegungen für die Entwicklungen innerhalb der Sozialen Arbeit nachgegangen, historisch bedeutsame Abschnitte und Ereignisse analysiert und reflektiert mit Blick u.a. auf folgende Fragen: Was genau waren und sind historische wie aktuelle Soziale Bewegungen und wer waren und sind ihre Träger? Warum engagier(t)en sich die Menschen lokal und welche konkreten Ideen stehen dahinter? Thematisiert neben der Frauen-, Arbeiter- und Jugendbewegung werden die Heimerziehungsbewegung, Frauenhaus- und Kinderladenbewegung, Rechte soziale Bewegungen, Menschenrechtsbewegung, Selbsthilfebewegungen, Refugeebewegungen und weitere Bewegungen, die von den Studierenden ins Seminar eingebracht werden.
Die Bereitschaft zum Literaturstudium im Seminarverlauf wird vorausgesetzt.
Einführende Literatur:
Franke-Meyer, Diana/ Kuhlmann, Carola (Hrsg.): Soziale Bewegungen und Soziale Arbeit, Springer VS, Wiesbaden 2018
Roth, Roland/ Rucht, Dieter (Hrsg.): Die sozialen Bewegungen in Deutschland seit 1945. Ein Handbuch, Campus Verlag. Frankfurt/Main 2008
Wagner, Leonie (Hrsg.): Soziale Arbeit und Soziale Bewegungen, VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden 2009
Diese LV findet online statt und hat asynchrone und wie synchrone Anteile. Wir treffen uns regelmäßig wenigstens alle 2 Wochen per Zoom, Näheres zu Beginn des Semesters. |