| Kommentar |
Ziel des Wahlseminars ist eine kritische Auseinandersetzung mit Unrechts- und Machtprozessen in der Heimerziehung in den 50er bis 70er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland. Diese waren grundlegend für die Heimkampagne, also die komplette Veränderung des Jugendhilfesystems. Sie erreichten aber erst im letzten Jahrzehnt durch Erfahrungsberichte ehemaliger Heimkinder die Öffentlichkeit und die Politik und sensibilisierten dafür, Erziehungsprozesse und deren Folgen aus der Sicht der Betroffenen zu betrachten. Die Studierenden sollen im Ergebnis des Seminars historische Prozesse und aktuelle Bezüge vertieft haben und Kompetenzen zum Umgang mit Unrecht- und Machtprozessen im Erziehungsgeschehen erworben haben, welche sie befähigen diese zu reflektieren und diesen entgegenzutreten, Kinder und Jugendlichen als Subjekten zu begegnen und Partizipation als Strukturmaxime professionellen Handelns zu etablieren.
Am Beispiel des Ortes Freistatt werden Entwicklungen vertieft. Die Diakonie Freistatt war ein diakonischer Träger für soziale Einrichtungen. Hier gab es bis Anfang der 70er Jahre u.a. geschlossene Erziehungsheime. Einer der Menschen, die dort als Jugendliche untergebracht waren, ist Wolfgang Rosenkötter. Seine Lebensgeschichte war Grundlage für den Kinofilm "Freistatt" (2015, Regie führte Marc Brummund, für das Drehbuch erhielt Nicole Armbruster den Deutschen Drehbuchpreis). Nach den Dreharbeiten entstand in Freistatt das heutige Dokumentationszentrum, in dem die Geschichte der Heimerziehung anschaulich dargestellt wird.
Im Rahmen des Seminars wird eine Studienreise nach Freistatt vorbereitet und durchgeführt. In Freistatt wird es ein Treffen mit Wolfgang Rosenkötter geben und im dortigen Dokumentationszentrum können vertiefende Fragestellungen erforscht und beantwortet werden. Die zweitägige Studienreise wird vom 2. bis 4. November 2018 stattfinden.
Die Heimerziehung ist heute im Bereich der stationären Erziehungshilfen für Kinder- und Jugendhilfe ein wichtiger Ort der Lebenswelt junger Menschen. So werden im Seminar auch Anknüpfungen an aktuelle Diskurse und Entwicklungen vertieft.
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