Kommentar |
Jugend sichtbar machen? Diskurse zur gesellschaftlichen Konstruktion und zum Wandel von Jugend
Jugend scheint aktuell Sichtbarkeit verloren zu haben. In der Kinder- und Jugendforschung, -pädagogik und -politik ist die Rede von der Notwendigkeit einer „Wiederentdeckung“ der Jugend (Thole 2017, S.38), im aktuellen 15. Kinder- und Jugendbericht wird gefragt, wie ‚Jugend als eigenständige Lebensphase’ ermöglicht wird“ (BMFSFJ 2017, S.75). Es heißt, die Jugendphase habe sich „tiefgreifend verändert“ (Rauschenbach, 2017, S. 4), sie sei eine „vernachlässigte Altersphase“ (ebd.) schreibt der Leiter des Deutschen Jugendinstituts in einem Appell an Politik und Gesellschaft. Die „Konturen des Jugendalters als eigener Lebensabschnitt (seien) diffuser geworden“ (ebd., S.5): „Zum einen war die fachliche Debatte der letzten 25 Jahre so stark von der Kindheit oder – pauschal und unterschiedslos – vom Kindes- und Jugendalter insgesamt geprägt, dass das Jugendalter als eigene Lebensphase aus der Wahrnehmung zu verschwinden drohte“ (ebd.). Zum anderen gebe es „immer weniger markante Anhaltspunkte dafür, wann Jugend eigentlich endet“ (ebd).
Jugend lässt sich nicht per se definieren, sie wird gesellschaftlich konstruiert. Die Entstandardisierung und Verlängerung der Jugendphase und eine Ausdifferenzierung der Lebenslage Jugend bzw.- der unterschiedlichen „Jugenden“ führen zum einen zu Individualisierungstendenzen zum anderen aber auch zur Verfestigung sozialer Unterschiede. Abhängig von schicht-, geschlechts-, kultur- und regionalspezifischen Dimensionen sind die Ressourcen, Chancen und Risiken Jugendlicher unterschiedlich einzuschätzen, und es kann nicht (mehr) von biografischen Normalverläufen in der Jugendphase die Rede sein. Empirische Studien zeigen die Vielgestaltigkeit und Heterogenität der Lebenslage Jugend auf. Soziale Unterschiede, Rassismus, Diskriminierungen auf Grund von Religion, Geschlecht, sexuellen Orientierungen und körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen können Kinder und Jugendliche lebensgeschichtlich nachhaltig einschränken bis hin zu exkludieren.
In der Seminararbeit sollen Theorien zu Jugend und aktuelle empirische Jugendstudien diskutiert sowie spezifische Themen und Problemlagen Jugendlicher analysiert werden. Ziel ist es, sich der Ambivalenz der gesellschaftlich konstruierten Bilder von Jugend bewusst zu werden und Herausforderungen an pädagogische Arbeit mit Jugendlichen zu reflektieren. Schließlich soll dazu angeregt werden, Forschungsdesiderate der Praxisforschung zu Jugendarbeit aufzuzeigen und eigene Forschungsfragen zu entwickeln. |