ohne Gruppe
Worum geht es in dem PFP?
Teilhabe und Partizipation sind ein grundlegendes Element für eine demokratische Gesellschaft. Wer politisches Handeln und die Gestaltung der eigenen Lebenswelt aktiv mitbestimmt, entwickelt ein Gefühl von Selbstwirksamkeit und Kontrolle in der sich immer weiter pluralisierenden und unübersichtlicher werdenden Welt. Vor dem Hintergrund von einem sich verstärkenden Gefühl der „permanenten Krise“ und dem Erstarken Rechter Kräfte, kommt demokratischer Bildung und der Stärkung (von Resilienz) von Kindern und Jugendlichen eine immer größere Bedeutung zu. Schon früh in Mitbestimmung und Partizipation erfahren, werden junge Menschen befähigt, ihr Leben aktiv selbstbestimmt zu gestalten und soziale Verantwortung zu übernehmen.
Was ist das Ziel des Projektes und der Forschungsgegenstand?
Wir sehen uns in diesem PFP vorhandene Strukturen der Kinder- und Jugendbeteiligung im Rahmen von Sozialer Arbeit an und werfen zudem einen Blick auf die Haltung und Motivation der Verwaltung, der Fachkräfte und der kommunalen Politik zu diesem Thema. Was sind die Ziele, Interessen und Vorstellungen der Akteure in den einzelnen Kommunen, wenn sie von Kinder- und Jugendbeteiligung sprechen? Fokus des Projektes soll jedoch die Perspektive der Kinder und Jugendlichen selbst sein. Wie sehen sie den kommunalen Raum als politischen und sozialen Gestaltungsraum? Und wie steht es um Mitbestimmung und Selbstbestimmung im Leben der jungen Menschen?
Kontext
Kommunale politische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wurde 2018 in der Brandenburger Kommunalverfassung verbindlich festgeschrieben. Der neue Paragraph ist ein wichtiger Impulsgeber und erschafft eine Struktur, die Partizipation in (kommunal-)politischen Entscheidungen fördert. Die Umsetzung von Beteiligung ist jedoch kein Selbstläufer. Sowohl Widerstände aus Politik und Verwaltung, die mit einem Kontrollverlust im Zuge der Abgabe der alleinigen Entscheidungsmacht einhergeht, als auch eine geringe Resonanz aus den Reihen der jungen Menschen auf Angebote der Beteiligung, führen zu Frustration und „Scheinbeteiligung“. „Echte“, wirksame Beteiligung bedarf deshalb weiterer struktureller Voraussetzungen, die eine Demokratisierung der Gesellschaft voraussetzen.
Besonders im Kontext Sozialer Arbeit, in der Begleitung (junger) Menschen mit herausfordernden Lebensbedingungen und Erfahrungen von sozialer Benachteiligung, ist es wichtig, Selbstwirksamkeit und Mitbestimmung an zivilgesellschaftlichem Leben und politischen Entscheidungen zu fördern. Dies kann nicht geschehen ohne die Betrachtung und Offenlegung von strukturellen Machtdynamiken, die sich auf verschiedenen Ebenen zeigen: im Rahmen von (gefühlt) fehlenden Einflussmöglichkeiten bei politischen Entscheidungen bis zu individuellen Ohnmachtserfahrungen in Bezug auf die eigene (körperliche) Selbstbestimmung in verschiedenen Lebensbereichen – von familiären bis institutionellen Sozialisationsmomenten. Diesem Gefühl der Machtlosigkeit und Fremdbestimmung kann mit aktiver Beteiligung und Mitbestimmung entgegengewirkt werden.
In der Praxis der Jugend(sozial-)arbeit und der politischen Bildung machen Fachkräfte jedoch oft die Erfahrung vermeintlich fehlenden Interesses von Seiten der jungen Menschen. Sozialarbeitende in ländlichen Regionen beklagen oft eine reduzierte Teilnahme an Angeboten in der offenen Kinder- und Jugendarbeit oder auch in ausgewiesenen Beteiligungsprojekten. Gleichzeitig sind Sozialarbeitende mit rechtspopulistischen Stimmen und Verschwörungserzählungen konfrontiert, die Zweifel am demokratischen Gesellschaftsmodell säen und Ungleichwertigkeitsideologien propagieren. Sie zeichnen Bedrohungsszenarien, die die Menschen verunsichern und einer Beteiligung an (demokratischen) politischen Prozessen eher entgegenstehen. Dieses Spannungsfeld kann Grundlage für die Fragestellung für das Forschungsprojekt sein.
Das Praxisforschungsprojekt findet in Kooperation mit dem Projekt Organize. Für Mitbestimmung vor Ort mit dem Träger der DGB-Jugendbildungsstätte Flecken Zechlin statt.
Rahmenbedingungen
- Blockwoche wird genutzt: Mittwoch, 15.5. und Donnerstag, 16.5. sind Exkursionen in die Sozialräume geplant.
- Zudem oder alternativ können frei gewählte und mit dem Forschungsfeld abgesprochene Nachmittage oder Wochenenden umgesetzt werden.
- Das Forschungsfeld ist die Gemeinde Temnitz mit der Grundschule in Wildberg, sowie die Gemeinde Wittsock mit einem Jugendclub.
- Die Forschungsergebnisse werden dem Projekt Organize. Für Mitbestimmung vor Ort zur Verfügung gestellt und müssen (ggf. ohne Auswertung) bis zum 15. Juli 2024 vorliegen. Das Projekt Organize nutzt die Daten für eine Veröffentlichung, die im September 2024 herausgegeben wird.
Forschungsmethodisches Herangehen:
- Sozialraumforschung
- schwerpunktmäßig qualitativ
- Umsetzung partizipativer Ansätze in der Jugend(bildungs)forschung
- Ethnografische Feldforschungsansätze: teilnehmende Beobachtungen (insb. nach Adele Clark)
- Einzelinterviews mit Kommunalen Akteur:innen und Kindern und Jugendlichen
- Fokusgruppen-Gespräche/Gruppeninterviews mit Kindern und Jugendlichen
Erwartungen/ Anforderungen an die Studierenden:
- Interesse am gemeinsamen Feldbezug und Thema: Soziale Arbeit und Politische Bildung mit Kindern und Jugendlichen, partizipative Forschung
- Interesse an der Arbeit in der (Mit)-Forscher:innen-Gruppe,
- Bereitschaft des (punktuellen) methodischen Einsatzes im Feld, d.h. außerhalb Berlins nach Bedarf (Übernachtungsmöglichkeiten sind gegeben),
- Möglichkeit zur Teilnahme an Blockveranstaltungen
Die Prüfungsleistung besteht in der selbstständigen Erarbeitung sowie Anwendung einer Methode bis hin zur Auswertung und Evaluation.
Durchführende: Marion Mayer, Friederike Kawlath |