Kommentar |
Gruppe 5
Mögliche Themen und Zielsetzung
Wir wollen uns innerhalb des Projektmodul mit den folgenden Inhalten beschäftigen:
Das (un-)politische Ich
Zu Beginn des Moduls und nach Projekten wollen wir uns und unsere Arbeit kritisch selbst
zufrieden? Gemeinsam wollen wir uns verständnisvoll mit unseren Ressourcen, unseren
Grenzen und unseren Interessen beschäftigen. Was erschwert mir und anderen Menschen
den Zugang zu politischer Emanzipation? Viele Initiativen und Organisationen vernetzen
sich auf eigene Faust oder unabhängig voneinander (z.B. bei Veranstaltungen oder in
Telegram- und Signalgruppen) und erschweren so den Einstieg für Interessent*innen.
Können wir mit unseren Ideen für bessere Vernetzung und niedrigschwellige Teilhabe
sorgen?
Ausbildungsbedingungen der Sozialen Arbeit
Schon für Alice Salomon war es wichtig, dass sozialarbeitende “Berufsarbeiter in ihrer
Ausbildung” neben der Aneignung von Wissen auch zum Herausbilden einer eigenen
“Haltung” befähigt werden sollten (Salomon 1927: 67). Eine Haltung, die, wenn wir sie in die
heutige Zeit übertragen, Studierenden wie Hochschulabsolvent*innen eine fundierte
Positionierung im gesellschaftlichen und politischen Diskurs im Kontext ihrer Profession
ermöglichen kann. Heiner Keupp zweifelte allerdings daran, ob das zu den Bologna
Bedingungen möglich ist. In seiner Abschiedsvorlesung 2008 an der LMU in München
betonte er, dass “die Demokratisierung der Universität und das Engagement der
Universitäten für eine sozial gerechtere und demokratische Gesellschaft zu ihren Kern-
aufgaben gehören”. Allerdings führe die “hektische und chaotische Veränderungsdynamik”,
ausgelöst durch die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge (b ref) , zu Druck
unter Lehrenden und einer Gleichmachung der Studierenden. Er nennt diese Entwicklung
eine “Elitenförderung”, die den Menschen den Zugang zu Universitäten und Hochschulen
erschwert, die nicht dem neoliberalen Ideal einer/s Schulabgänger*in aus ‘gutem Hause’
kritisch-reflexiven Selbstfindung” genommen worden, der seiner Meinung nach die Basis für
die “kritische Studentengeneration” war.
Sind seine Befürchtungen eingetroffen? Wie empowernd sind die aktuellen Studien-
bedingungen an der ASH? Wie wohl fühlen sich Lehrende, vor allem Lehrbeauftragte hier?
Wie andere Hochschulangehörige? Ziel dieser Einheit soll es sein, Teilnehmenden eine
kritische Auseinandersetzung mit ihren Ausbildungsbedingungen zu ermöglichen. Wir wollen
Antworten auf Fragen finden wie: Warum lernen wir das, was wir lernen? Wie viel Einfluss
haben wir als Studierende darauf? Warum ist gerade die studentische Hochschulpolitik vor
allem von jungen weißen Menschen besetzt, obwohl sich die ASH laut Leitbild doch für
Chancengleichheit engagiert? (ASH 2009) Wer spricht für die, die nicht da sind, die
Lohnarbeiten, Care Worken oder auf ihre Kinder aufpassen müssen? Warum können sie das
nicht selbst tun?
Arbeitsbedingungen
Manuela Leideritz und Silke Vlecken fassen die Herausforderung an Sozialarbeiter*innen in
Hinblick auf das “Tripelmandat” (vgl. Staub-Bernasconi 2008) wie folgt zusammen: “Sie
sollen trotz unterschiedlichster Aufträge, Interessen und Erwartungen, trotz häufigem Zeit-
und Erfolgsdruck und vielfach belastender Arbeitssituationen fundierte Analysen erstellen
und einen professionellen Handlungsplan entwickeln, um daraufhin zielgerichtet methodisch
zu agieren. Bei all diesen Schritten sollen sie neben [...] den Umständen der jeweiligen
Situation die Menschenrechte bzw. die sich in ihnen widerspiegelnden allgemeinen
biologischen, psychischen, sozialen/sozialkulturellen Bedürfnisse der Menschen Berück-
sichtigung finden.” (Leideritz & Vlecken 2023) Anforderungen und Verantwortungen die für
viele Sozialarbeiter*innen in ihrem Alltag kaum oder nicht dem eigenen Anspruch
entsprechend zu bewältigen sind. Viele Praktiker*innen kennen diese Zustände. Doch nur
wenige sehen sich in der Lage, etwas daran zu verändern. Woran liegt das?
Oftmals führen Meinungsverschiedenheiten oder die schiere Arbeitslast innerhalb einzelner
Einrichtungen zu wenig Solidarität über den eigenen Bereich hinaus. Ein extremes Beispiel
dafür sind die Pflegekräfte, die sich von ihren streikenden Kolleg*innen veraten gefühlt
haben, weil für diesen Tag nun mehr Arbeit für sie zu tun war. Auch spielen Arbeitgebende
ihre Mitarbeitenden mit dem Verweis auf die Verantwortung gegenüber ihren Klient*innen
gegeneinander aus. Viele geben sich deshalb für das Leid der Hilfesuchenden selbst die
Schuld, obwohl dieses in den meisten Fällen durch bessere Arbeitsbedingungen vermeidbar
gewesen wäre.
Ziel soll es sein den Studierenden einen Einblick in vergangene und aktuelle
Entscheidungen zu geben, die zur heutigen Lage der Sozialen Arbeit beigetragen haben.
Wir wollen gemeinsam an einem professions- und institutionsübergreifendes Verständnis für
die eigene politische Wirkmacht arbeiten. Was könnten wir wirklich bewegen, wenn wir uns
zusammen tun?
Political Advocacy
Wir wollen nicht nur von außen auf das Vergangene und die aktuellen Zustände schauen,
sondern auch Handlungsaufforderungen an die Soziale Arbeit und die einzelnen Pro-
fessionellen entwickeln. Ziel soll es sein, zu lernen, das angeeignete Wissen in politisches
Engagement zu übersetzen. An welchen Stellen kann ich mich für meine Klient*innen, aber
auch für meine Profession politisch engagieren? Wer kann mir dabei helfen? Wie vernetzen
wir uns? Was gab und gibt es schon für Bewegungen?
Forschung und Lehre für das Berufsfeld Soziale Arbeit
Was bedeutet das alles für den Fachbereich I der ASH? Für den Bachelor Studiengang
Soziale Arbeit, aber auch die Masterstudiengänge? Welche Änderungen am Kolloqium, an
Satzungen und generell an der ASH führen zu einer stärkeren politischen Emanzipation der
(zukünftigen) Profesionellen? Wie sieht ein gelungener Musterstudienplan aus, wie können
wir aber auch Teilzeitstudierenden oder Menschen, die andere Verpflichtungen oder
Interessen haben und nicht nach Regelstudienzeit studieren können oder wollen, diese
wichtigen Inhalte vermitteln. Ziel soll es sein Änderungsvorschläge für die Gestaltung von
Forschung und Lehre der Sozialen Arbeit zu entwickeln, die im Projektmodul gewonnene
Erkentnisse berücksichtig und das politische Interesse der Studierenden weckt. Auch an der
Konkreten Umsetzung und Überprüfbarkeit kann gearbeitet werden. Einen treffenden Satz,
der dazu so oder so ähnlich in einem Seminar gefallen ist: “Wir können nicht so einen
Anspruch an das Studium stellen, aber dann im Studium keinen Anspruch haben.” |