Gruppe 1 - Frau Dr. Buser
Die Rolle der Sozialen Arbeit 1933 bis 1945
Die Lehrveranstaltung wird sich kritisch mit der Rolle der Sozialen Arbeit während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft auseinandersetzen, dabei wird auch Bezug auf die Geschichten von Kindheiten während dieser Jahre genommen.
Die Veranstaltung hat das Ziel, Wissen zur Geschichte der Sozialen Arbeit zur Verfügung zu stellen, auf dessen Grundlage über ethisch-moralische Aspekte und Verantwortung der Sozialen Arbeit diskutiert werden kann. Es stehen mehrere Exkursionen (geringe Kosten übernehmen die Studierenden) auf dem Programm, die Teilnahme ist obligatorisch. Um regelmäßige Teilnahme ab der ersten Sitzung wird ausdrücklich gebeten; zudem wird von allen eine Teilnahmeleistung in Form eines 20-minütigen Referats erwartet.
Gruppe 2 - Frau Dr. Beyer
Psychosoziale Wirkungen von Arbeitslosigkeit in Vergangenheit und Gegenwart im Kontext der Geschichte sozialer Arbeit
In allen Bereichen der Sozialarbeit treffen Sozialarbeiter auf Arbeitslose oder Folgewirkungen von Arbeitslosigkeit. Viele reden über Arbeitsmarktpolitik, wenige beschäftigen sich mit den Betroffenen.
Im Seminar beschäftigen wir uns mit der Frage, seit wann es Arbeitslosigkeit gibt, wie die Gesellschaft darauf reagiert hat und in welcher Beziehung moderne Arbeitslosigkeit zur Geschichte der sozialen Arbeit steht. Wir beschäftigen uns mit Forschungen zu den psychosozialen Wirkungen von Arbeitslosigkeit seit den 30er Jahren, ergründen was Arbeitslosigkeit mit den Betroffenen macht und welche methodischen Ansätze der Sozialarbeit geeignet sind, Selbstwertgefühle Arbeitsloser zu stärken.
Schwerpunkte:
- „Die Arbeitslosen von Marienthal“ – erste systematische Forschung zu den Wirkungen von Arbeitslosigkeit und Geburtsstunde moderner soziologischer Forschung
- Bettelverordnungen – Elberfelder System – Sozialversicherung unter Bismarck – Arbeitslosenversicherung 1927 – AFG - Hartz IV-Gesetzgebung
- Psychosoziale Wirkungen von Arbeitslosigkeit auf die Betroffenen
- Funktionsmechanismen von Ausgrenzung
- Psychosoziale Phasen im Verlauf der Arbeitslosigkeit
- Selbstwertkonzepte in der sozialen Arbeit
- Armutsforschung – Arbeitslosigkeit – soziale Arbeit
- Gesundheit und Arbeitslosigkeit
- Aktiv bleiben - ein Ausweg aus dem Dilemma
- Konzepte sozialer Arbeit zur Unterstützung Arbeitsloser: (Beratungskonzepte, Rechtsauskunft, Bewerbungshilfen, Selbsthilfegruppenarbeit, Aktivierung)
- Aktuelle Trends auf dem Arbeitsmarkt
Literaturangaben erfolgen im Seminar.
Gruppe 3 - Frau Prof. Dr. Lehnert
In diesem Seminar geht es um die Auseinandersetzung mit der Kategorie „asozial“ innerhalb von Jugendhilfe in beiden deutschen Staaten nach 1945. Schwerpunktmäßig beschäftigen wir uns mit der Zielgruppe Kinder und Jugendliche sowie unterschiedlichen Erziehungskonzepten im Umgang mit „schwierigen“, „renitenten“ oder „asozialen“ Kindern und Jugendlichen, bzw. Mädchen und Jungen. Hierbei nehmen wir insbesondere geschlossene Einrichtungen in den Blick. Gründe für deren Einweisung betrachten wir auch unter einer genderreflektierenden Perspektiven und stellen diese in den Kontext aktueller geschlechtlicher Zuschreibungen. Wir werden danach fragen, welche Auswirkungen die „Heimrevolten“ in den 1960 Jahren in der BRD auf die Heimerziehung hatten. Abschließend erörtern wir kritisch aktuelle Konzepte von geschlossener Unterbringung und gehen Hinweisen nach möglichen (unheilvollen) Zusammenhängen zwischen neoliberalen Einsparlogiken und autoritären Traditionen Sozialer Arbeit (Skandal um die Haasenburg) nach.
Eine Exkursion in die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau in der 2.Blockwoche ist geplant.
Literaturhinweise werden im Seminar gegeben und auf Moodle eingestellt.
Gruppe 4 - Frau Bröse, Herr Friedrich
Radikale Kritik und eingreifende Praxis: Kritische Sozialarbeit − damals und heute.
(Exemplarische Vertiefung in Geschichte und/oder Theorie Sozialer Arbeit)
Die Kritische Soziale Arbeit erfährt seit einigen Jahren zunehmende Aufmerksamkeit. Die Themen aktueller Auseinandersetzungen erinnern dabei an die Diskurse kritischer Sozialarbeit der 1970er Jahre in der Bundesrepublik. Im Windschatten von „68“ stand die Frage nach der Funktion der Sozialarbeit für die kapitalistische Klassengesellschaft im Fokus der Debatten, die marxistische Theorie und Praxis wurde auch in den sozialen Berufsfeldern entdeckt. Bücher wie „Gefesselte Jugend“ und „Sozialarbeit unter kapitalistischen Produktionsbedingungen“ (Hollstein/Meinhold) gehörten zur Pflichtlektüre vieler Studierender und Praktiker_innen, die sich in Studienkreisen selbst organisierten. Die Funktionsbestimmungsdebatte ebbte im Verlauf ab und viele Pädagog*innen bauten sozialarbeiterische Projekt „von unten“ auf. Wir wollen uns den Ansätzen, Erkenntnissen und Kontroversen, aber auch den Leerstellen der Diskurse zur Pionierzeit kritischer Sozialarbeit in Deutschland widmen. Es stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage, wie sich Ökonomisierungsprozesse auf eine Praxis Kritischer Sozialer Arbeit auswirken − und welche Ansatzpunkte es im Berufsalltag beim Kampf für „gute Arbeit“ gibt.
Seminarleitung
Johanna Bröse (Tübingen) ist Diplom-Pädagogin und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Lehrbeauftragte der Abteilung Sozialpädagogik an der Universität Tübingen. Sie ist Sprecherin der LAG Mädchenpolitik Baden-Württemberg und Redakteurin bei kritisch-lesen.de. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind unter anderem zwischen Migrations- und Rassismusforschung, Asyl- und Grenzregime, Kritischer Sozialer Arbeit, Diskursanalysen, Frauen- und Geschlechterforschung, Kritischer Psychologie sowie Subjektivierungspraktiken in Übergängen anzusiedeln.
Sebastian Friedrich (Berlin/Duisburg-Essen) ist Diplom-Sozialarbeiter/Sozialpädagoge (FH), wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) sowie Redakteur bei kritisch-lesen.de. Er promoviert an der Universität Duisburg-Essen (Bildungswissenschaften). |