Kommentar |
Gruppe 4
Die wissenschaftlichen Disziplinen und Ansätze der Gender und Queer Studies haben sich aus verschiedenen politischen Bewegungen zur Emanzipation von Geschlechterunterdrückung entwickelt und sind teilweise auch heute noch eng mit diesen verknüpft. Nicht nur das Verhältnis verschiedener Feminismen zueinander ist dabei konfliktträchtig, auch das zu marxistischen Bewegungen wie der Neuen Linken und antirassistischen/antikolonialen Bewegungen ist geprägt von Kritik, Abgrenzung und Versuchen der Bündnispolitik oder Synthese. Diese prägten und prägen heutige Theorien und feministischen Praktiken rund um Patriarchat, Heternormativität, Diskriminierung und Gewalt, doch werden oft nur Ansätze aus dem „Mainstream-Feminismus“ rezipiert.
Entwickelt sich im Zuge des Aufschwungs von „Intersektionalität“ als Blick auf „wer fehlt?“ zumindest ein zunehmendes (oberflächliches) Bewusstsein von und Interesse an Marginalisierungen aufgrund von race, disability, body, „etc.“ im akademischen Feminismus, so bleiben die antikapitalistischen Ursprünge und Bezüge der sogenannten „Neuen Frauenbewegung“ wie auch des Schwarzen Feminismus weiterhin verborgen. Neben der damit einhergehenden Gefahr der neoliberalen Einhegung der queer/feministischen Bewegungen, trennen Feminist*innen und Queers auch ihre Positionen zu Trans*/Intergeschlechtlichkeit (Stichwort: TERF), Sexarbeit vs. Prostitutionsverbot, reproduktive Gerechtigkeit vs. „Lebensschutz“ oder auch Antirassismus und Internationalismus vs. Femonationalismus.
Das Seminar legt daher einen besonderen Fokus auf den historischen Kontext, politische Positionen und Praktiken sowie wissenschafts- und gesellschaftstheoretischen Hintergründe von queer/feministischen Theorie und Praxis.
In Anlehnung an Lenz (2019: 233) gehen wir folgenden Leitfragen nach:
- Geschlechterdimension: Was wird unter Geschlecht verstanden?
- Gesellschaftsdimension: Welches Verständnis von Gesellschaft liegt zugrunde und was wird kritisiert?
- Intersektionale Dimension: Welche Ungleichheitsverhältnisse oder Diskriminierungen werden jenseits Geschlecht einbezogen und wie werden sie analytisch und politisch ins Verhältnis gesetzt?
- Und ergänzend: Praktische Dimension: Wie kann Emanzipation als Befreiung von Unterdrückung erreicht werden? Welche Handlungsstrategien ergeben sich aus dem jeweiligen Ansatz?
(Lenz, Ilse (2019): Feminismus: Denkweisen, Differenzen, Debatten, in B. Kortendiek, B. Riegraf, & K. Sabisch (Hrsg.), Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung, Springer Fachmedien: Wiesbaden: S. 231–241.)
Methode:
Grundsätzlich findet die Veranstaltung als blended learning statt. Die Präsenzveranstaltung wird ergänzt durch kleinere Aufgaben zum wissenschaftlichen Arbeiten und Recherche und gegebenenfalls Online-Sitzungen.
Es werden bewegungsgeschichtliche wie theoretisch-wissenschaftliche Texte gelesen, diskutiert und zu aktuellen Bewegungen und praktischen Fragestellungen in Beziehung gesetzt. Ein gewisses Interesse an historischer Spurensuche wie auch an Theorien und ihren Hintergründen wird daher vorausgesetzt. Gleichzeitig wird erwartet, sich mit aktuellen Diskussionen und Praxisfragen zu Geschlecht zu beschäftigen und diese einzubringen.
Ziele:
- Studierende kennen und verstehen verschiedene Positionen zur sozialen und historischen Bedingtheit von Geschlecht sowie Emanzipation und können sich kritisch zu diesen positionieren, auch im Hinblick auf ihre sozialarbeiterische Tätigkeit.
- Studierende sind in der Lage, die Wechselwirkungen von Geschlecht mit anderen Kategorien sozialer Ungleichheit zu reflektieren.
- Studierende können beispielhaft gleichheitspolitische Instrumente aufzeigen und diskutieren.
- Studierende erlernen die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens, Recherchetechniken, etc..
Anforderungen für eine Teilnahmebestätigung:
- intensives Lesen und kritische Auseinandersetzung mit den Seminartexten, d.h. sie lesen, sich Fragen überlegen, als Grundlage für die aktive Beteiligung an der Seminardiskussion
- Übernahme eines Kurz-Inputs
- begleitende Aufgaben zum wissenschaftlichen Arbeiten, z.B. Rechercheaufgaben, Thesen vorbereiten und belegen
Prüfungsanforderungen: → zusätzlich zu den oben genannten Teilnahmeanforderungen
- eine Hausarbeit (10-12 S.) und vorbereitend ein Exposé
oder:
- ein Kurz-Input über ein konkretes Beispiel zum Sitzungsthema, Mitgestaltung der Diskussion sowie eine daran anknüpfende wissenschaftliche Bearbeitung einer Fragestellung von max. 5 Seiten.
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