1. Gruppe - Lehnert, E.
In diesem Seminar geht es um die Auseinandersetzung mit der Kategorie „asozial” innerhalb von Jugendhilfe in beiden deutschen Staaten nach 1945. Wir beschäftigen uns mit der Zielgruppe Kinder und Jugendliche sowie unterschiedlichen Erziehungskonzepten im Umgang mit „schwierigen”, „renitenten” oder „asozialen” Kindern und Jugendlichen, bzw. Mädchen und Jungen im Kontext von Heimerziehung. Hierbei nehmen wir insbesondere geschlossene Einrichtungen in den Blick. Gründe für deren Einweisung betrachten wir auch unter einer genderreflektierenden Perspektive und stellen diese in den Kontext aktueller geschlechtlicher Zuschreibungen. Wir werden danach fragen, welche Auswirkungen die „Heimrevolten” in den 1960 Jahren in der BRD auf die Heimerziehung hatten. Abschließend erörtern wir kritisch aktuelle Diskurse zu geschlossener Unterbringung und gehen Hinweisen nach möglichen (unheilvollen) Zusammenhängen zwischen neoliberalen Einsparlogiken und autoritären Traditionen Sozialer Arbeit (Skandal um die Haasenburg u.a.) nach.
Eine Exkursion in die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau ist geplant. Literaturhinweise werden im Seminar gegeben und auf Moodle eingestellt.
2. Gruppe - Smykalla, S.
In diesem Seminar werden Theorien beleuchtet, die Machtbeziehungen in der Sozialen Arbeit thematisieren bzw. die zur Analyse von diesen genutzt werden können. Ausgangspunkt ist, dass Soziale Arbeit nicht im machtfreien Raum stattfindet, sondern auf komplexe Weise mit gesellschaftlichen, organisationalen und individuellen Machtverhältnissen verbunden ist. Es wird gefragt, welche Antworten die Soziale Arbeit auf Ungleichheiten, Konflikte und Widersprüche in (post-)modernen Gesellschaften bieten kann. Zudem soll kritisch reflektiert werden, wie die Profession der Sozialen Arbeit selbst an der Aufrechterhaltung von Hierarchien und Asymmetrien beteiligt ist und wie mithilfe eines „produktiven” Machtverständnisses ein professioneller Umgang damit gefunden werden kann. Aus der Perspektive verschiedener Machttheorien – von systemischen bis poststrukturalistischen – werden unterschiedliche Machtverständnisse anhand von Texten & Fallbeispielen analysiert und auf deren Relevanz für die Soziale Arbeit hin befragt. Ziel der vertiefenden Beschäftigung mit Machttheorien ist, die Professionalität des sozialarbeiterischen Handelns – deren Möglichkeiten und Grenzen – zu reflektieren und die eigene professionelle Haltung weiterzuentwickeln
3. Gruppe - Meißner, M.
Social Justice als Haltung und Grundlage für Soziale Arbeit
Das Konzept von Social Justice zeigt die Verwobenheit und die Wechselwirkungen von Theorie und Praxis auf der einer Seite, sowie Wissenschaft und sozialen Bewegungen auf der anderen Seite. Social Justice bietet nicht nur theoretische Grundlagen für die Arbeit mit Menschen, sondern auch (oder vor allem) ein Werkzeug für den alltäglichen Umgang miteinander und das gemeinsame Gestalten des gesellschaftlichen Zusammenlebens.
In diesem Seminar soll es zunächst um die Geschichte und Entwicklung der Idee von Social Justice und die Rolle der sozialen Bewegungen in diesem Zusammenhang gehen. Anschließend werden die für Social Justice grundlegenden Konzepte, wie Diversity oder Intersektionalität, sowie die Frage der Gerechtigkeit diskutiert. Hierbei soll es auch stets um die Reflektion der eigenen (Macht-)Position gehen. Im letzten Teil des Seminars werden einige ausgewählte Formen der Diskriminierung analysiert und der Bezug zur Sozialen Arbeit als Profession hergestellt. Bei Betrachtung der einzelnen Diskriminierungsformen wird der Fokus auf die Komplexität der Lebenslagen und die Vielschichtigkeit der strukturellen Diskriminierungen und ihren Konsequenzen liegen.
Literaturhinweise werden im Seminar gegeben und auf Moodle eingestellt.
4. Gruppe - Lau, D.
Zur Geschichte jüdischer Wohlfahrtspflege in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus
Das Seminar beschäftigt sich mit der Geschichte jüdischer Wohlfahrtspflege in Deutschland und setzt dabei vier Schwerpunkte: Erstens werden wir uns mit jüdischer Ethik (Zedakah) und ihrer Bedeutung für die Professionalisierung Sozialer Arbeit beschäftigen. Zweitens geht es um die jüdischen bzw. zionistischen Frauen- und Jugendbewegungen und ihren Beiträgen zur Entwicklung der jüdischen Wohlfahrtspflege. Drittens betrachten wir einige Berliner jüdische Einrichtungen und Organisationen etwas genauer, wie die Zentralwohlfahrtsstelle, das jüdische Waisenheim Ahawah und das jüdische Volksheim. Hierzu ist auch eine Exkursion angedacht. Viertens steht die jüdische Sozialarbeit im NS im Zentrum. Dabei werden wir auch Biographien vertriebener jüdischer Sozialarbeiter*innen untersuchen.
Das Seminar beinhaltet die Lektüre von zum Teil englischsprachigen Texten und Quellen. Eine erfolgreiche Teilnahme setzt einen aktiven Beitrag im Seminar voraus. Bitte beachten Sie die Termine der Veranstaltung: 15.4., 6.5., 20.5., 3.6., 17.6., 1.7., 8.7.
5. Gruppe - Gaida, O.
Die nationalsozialistische Jugend- und Sozialfürsorge hat maßgeblich Jugendliche verfolgt, die sie als „unerziehbar” und „asozial” angesehen haben. Wir beschäftigen uns mit dieser wenig bekannten NS-Opfergruppen und den verantwortlichen Täter*innen. Die Verfolgung konnte für die Betroffenen bedeuten: Zwangserziehung in Heimen, Zwangssterilisation oder Einweisung in Jugend-Konzentrationslager.
Wie gerieten Jugendliche zwischen 1933 und 1945 in das Visier von Fürsorger*innen? Dazu sehen wir uns konkrete Berliner Lebenswege von Mädchen und Jungen an sowie deren fürsorgerische Beurteilungen. Der Schwerpunkt liegt darauf, wie Geschlechterzuschreibungen und die Vorwürfe rassenbiologischer „Minderwertigkeit” sowie „Arbeitsscheue” zusammenhingen. Wie radikalisierte sich die Verfolgung? Wir diskutieren: Warum beteiligten sich Fürsorger*innen tatkräftig an diesen Verbrechen? Um darüber zu diskutieren, werden wir in die alltägliche Praxis und auf die Traditionen der Fürsorge blicken.
Eine Exkursion an den Gedenkort des ehemaligen Waisen- und Arbeitshaus Rummelsburg, an dem nationalsozialistische Verbrechen verübt wurden, ist geplant.
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