Kommentar |
Passend zu den Lebensumständen in der gegenwärtigen Gesellschaft hat sich auch die Art, wie der moderne Mensch mit seinem Körper bzw. Leib umgeht, ausgebildet. Vielfältige Modernisierungstendenzen, die sich z.B. hinter den Stichworten Differenzierung, Individualisierung, Rationalisierung, Domestizierung und Beschleunigung verbergen, prägen den Alltag und die empfundene Normalität der Gegenwart. "Höher, weiter, schneller", aber auch "extremer, gefährlicher, fitter", so lautet die Devise der Spätmoderne. Den durch diese Prozesse erzeugten, zunehmend objektivierenden, materialisierenden, auf Fortschritt und Maximierung bedachten Blick auf die Welt, teilt der Mensch häufig auch bei der Betrachtung seines eigenen Leibes, welcher zunehmend instrumentalisiert wird. Dabei gerät ein ganz wesentlicher Aspekt von Menschsein, das Leibsein, in Vergessenheit. Oft sind es lediglich Krisensituationen, wie z.B. Schmerz oder Missbrauch, in denen Körperlichkeit (an)erkannt, wahrgenommen und überdacht wird. Damit versperrt sich der Mensch jedoch zunehmend einem alltäglichen Verständnis, bejahenden Lebenspol von Körperlichkeit bzw. Leiblichkeit, beispielsweise im Sinne einer alltäglichen Selbstsorge. In dem Seminar "Bildungspotentiale eines Körper-/Leibbezuges (nicht nur) für die Soziale Arbeit“ soll dieser häufig unbeachtete, aber grundlegende Aspekt des Menschsein, das Leibsein, in den Diskurs gebracht und Raum für eine multiperspektivische (Bildungs-)Auseinandersetzung geschaffen werden. Bezogen auf die Herausforderungen der Gegenwart lässt sich der Leibesbildung erhebliches Potential zumessen. Im Rahmen eines innovativen und gleichsam anstiftenden Lehr-, Lern- und Erfahrungsraumes soll z.B. die Wichtigkeit eines Leibesbezuges in Bezug auf die Identitätsentwicklung oder die Entwicklung von Handlungs- und Gestaltungskompetenzen herausgestellt und diskutiert werden. In einem weiteren Schritt soll betrachtet werden, welche Bedeutung in diesem Kontext der Sozialen Arbeit als Bildungsmomente schaffende Instanz zukommt. Ein Praxisbezug wird durch die Auswahl konkreter Beispiele geschaffen. Außerdem werden Akteurinnen aus der Praxis als Gäste im Seminar über ihre Arbeit sprechen. Oberstes Ziel des Seminars ist die Aneignung einer neuen Perspektive auf den Körper/Leib, vielleicht sogar die Entwicklung einer neuen Haltung und das Erkennen des Leibes als bildende Evidenz, welche den technologischen Machbarkeitsphantasien gegenübertritt. Auch sollen die Studierenden Inspirationen erhalten, wie sie einen Leibesbezug in ihre eigene, professionelle Arbeit einfließen lassen können. |