Was ist ein Sozialraum? Die zunehmend populärer werdenden sozialraumorientierten Programmatiken in der Sozialen Arbeit können als (erneuter) Versuch gedeutet werden, eine stärkere Kontextualisierung des Menschen in seine Umweltbezüge und -prägungen vorzunehmen, wie das mit der Chiffre „Der Fall im Feld" auf den Begriff gebracht wird. Gleichzeitig werden unter Sozialraumorientierung in der Sozialen Arbeit auch Praktiken räumlicher Aneignung als Bildungsprozesse gefasst. Diese beiden stark subjektbezogenen Thematisierungen von Räumlichkeit werden in den aktuellen Diskursen aufgrund der gleichen Semantik „Sozialraum" häufig nicht systematisch von Raumkonzepten anderer Professionen und Disziplinen unterschieden. Das Seminar will diese Unschärfe und Vieldeutigkeit des Sozialraumbegriffs entfalten und in ein Spannungsverhältnis bringen. Neben der Analyse zentraler sozialpädagogischer Raumkonzepte wie Sozialraum, Community und Gemeinwesen und dem psychologischen Konzept der Raumaneignung nach Leontjew erfolgt eine Auseinandersetzung mit soziologischen Raumzugängen: Henri Lefebvres Theorie der Produktion des Raumes und der ungleichheitstheoretische Zugang zu sozialen Räumen von Pierre Bourdieu. Aus der territorialen Perspektive von Stadtsoziologie und Stadtplanung werden aktuelle räumliche Veränderungsprozesse, wie Segregation und Gentrifizierung und die Handlungsstrategie des Quartiermanagement thematisiert. Medienwissenschaftlich wird der steigenden Bedeutung virtueller Sozialräume nachgegangen. Die Studierenden lernen die verschieden Sozialraumtheorien und -konzepte in Beziehung zu setzen und entwickeln eigene Standpunkte zu der Frage, welche Konzeptualisierungen von Sozialraum als analytischer Forschungskontext und/oder als operativer Ort Sozialer Arbeit sinnvoll erscheinen. |