Jährlich findet weltweit am 20. November, am Transgender Day of Remembrance, ein Gedenken an die Betroffenen und Todesopfer trans*feindlicher Gewalt statt. Heute setzte die Alice Salomon Hochschule Berlin ein sichtbares Zeichen um an die Opfer von Trans*feindlichkeit zu erinnern.
Beim feierlichen Hissen der Trans*- und Progress-Flagge vor dem Hauptgebäude der ASH Berlin waren die ASH-Kanzlerin Jana Einsporn, Susa Boden, Mitglied im StuPa-Vorsitz der ASH Berlin und Louisa Himmelbach, Praktikantin aus dem Büro der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten vom Bezirk Marzahn-Hellersdorf anwesend.
Susa Boden, die außerdem Mitglied im Queer-Beirat von Marzahn-Hellersdorf ist, hielt eine sehr persönliche und bewegende Rede, in der sie sagte: „Ich bin Angehörige einer Transperson und die Reaktion aus meinem Umfeld ist oft: „Cool!“. Mir ist es wichtig, hinter die Fassade zu schauen und deutlich zu machen, dass es um Menschen geht, die sich auf den Weg machen, ihre Identität zu finden. Das ist in einer Gesellschaft, die die Suche nach Identität jenseits der binären Geschlechterordnung nicht unterstützt, eine große Herausforderung. Ich möchte heute an die Opfer von Transfeindlichkeit erinnern und an alle Menschen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität Diskriminierung ausgesetzt sind.“
Der Arbeitsbereich Intersektionale Praxis und Transformation (InPuT) konnte aus zeitlichen Gründen beim Hissen der Flagge nicht anwesend sein, hat aber das folgende Statement verfasst:
„Wir hissen heute die Trans*Flagge in Gedenken an all jene trans, inter und nicht-binären Personen, die weltweit im letzten Jahr getötet wurden. Der 20. November ist der Internationale Tag der Erinnerung an die Opfer von Trans*feindlichkeit. Dieser wurde 1998 von Aktivist_innen nach den Morden an Rita Hesters und Chanelle Picket in den USA ins Leben gerufen, da diese nur wenig mediale Aufmerksamkeit erhielten.
Transgender Europe veröffentlicht jährlich ein Trans Murder Monitoring. 320 Menschen wurden nachweislich weltweit aufgrund von transfeindlicher Gewalt zwischen Oktober 2022 und Oktober 2023 getötet.
320 Menschen, die ein Leben hatten, Freund_innen, eine Geschichte.
320 Menschen, denen Hass und Gewalt ihre Zukunft genommen hat.
94% der Ermordeten waren trans* Frauen oder transfeminine Personen. 80% der Getöteten hatten Rassismuserfahrungen, weil sie schwarz, PoC, indigen oder migriert waren.
Misogynie, Rassismus und Transfeindlichkeit sind nicht getrennt voneinander zu betrachten, sondern miteinander gewaltvoll verwoben.
45% der Personen, die in Europa ermordet wurden, waren Migrant_innen oder Geflüchtete. Sie überlebten die oftmals gefährliche Flucht nach Europa, um hier getötet zu werden Für uns ist klar: Eine geschlechtervielfältige Gesellschaft muss eine offene Gesellschaft sein, die eine Festung Europa ablehnt und Menschen unabhängig von ihrem Pass ein würdiges Leben ermöglicht. 78% der in Europa getöteten Personen waren Sexarbeiter_innen. Es kann angenommen werden, dass sie in diesem Berufsfeld arbeiteten, weil ihnen aufgrund flüchtlingsfeindlicher Regelungen andere Tätigkeiten verschlossen blieben. Ökonomische Abhängigkeit erhöht die Gefahr, Opfer von Gewalt zu werden.
Den Morden an trans, inter und nicht-binären Personen geht Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt voraus. Die von Rechten und Konservativen befeuerte Debatten um das Selbstbestimmungsrecht, die immer wiederkehrende Ablehnung geschlechtergerechter Sprache oder negative Reaktionen auf queere Sichtbarkeit in Schulen und öffentlichen Institutionen lassen trans Personen mit Sorge in die Zukunft schauen. Denn bis heute sind trans Personen trotz gehisster Regenbogenfahnen im Pride Month gesellschaftlich marginalisiert, müssen um einen angemessenen Zugang zu Gesundheitsversorgung kämpfen oder werden auf offener Straße angefeindet.
Am 25. November ist der Internationale Aktionstag zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen* und Mädchen*. Nicht ohne Grund benennen wir den heutigen Tag und den 25. November zusammen, denn die Ursache beider Tage ist gleich: Wir sprechen über patriarchale Gewalt!
Trans Frauen werden getötet, weil sie Frauen sind. Das Problem heißt Patriarchat, und egal ob Gewalt gegen Frauen, trans Personen oder Sexarbeiter_innen – es braucht laute und solidarische Stimmen, damit wir keine weiteren Todesopfer beklagen müssen.
Lassen Sie uns und lasst uns gemeinsam all jenen weltweit gedenken, die für transfeindliche patriarchale Gewalt mit ihrem Leben bezahlen mussten.
Ni una menos. Ni uno menos. Keine_r mehr.“